Wenn man in Spanien noch was von den über 800 Jahre herrschenden und dann 1492 besiegten Mauren sehen will, führt eigentlich kein Weg an der Alhambra in Granada vorbei, sozusagen ein Pflichtbesuch.
Ich bin mehr der Individualtourist. Wenn ich mir was anschauen will, informiere ich mich, mache ich vorher einen Plan und fahr da hin. Wozu hat der Kapitalismus den Mietwagen erfunden. Ich brauche dafür kein Reisebüro und keinen Reiseführer. Diesmal blieben wir aber in der Planungsphase stecken: Es gab online keine Tickets für die Alhambra mehr. Die Besucherzahl ist da limitiert und für die ganze Woche bis zu unserer Abreise waren die Karten ausverkauft. Eh, wir haben November, Nachsaison. Es sind zwar ein Drittel der Karten im Vorort-Verkauf zu bekommen, aber wir haben hier 2.5h Fahrtzeit nach Granada und das Risiko dann doch nicht reinzukommen ist einfach zu groß.
Der ultimative spanische Ausweg ist das Buchen einer Alhambra-Reise über ein Reiseunternehmen. Die haben pauschal vorgebucht und man bekommt in der Regel kurzfristig einen Mitfahrplatz. Unsere Rezeption hier vermittelt solche Reisen, wir fragen Montag nach, Mittwoch war auch schon ausgebucht aber für Freitag noch Platz. Also buchen wir statt zwei Eintrittskarten für je knapp 16,- zwei Busreiseplätze (Bravo-Busreisen) für je 76,-. Dafür werden wir hier abgeholt und wieder abgeliefert, müssen nicht selbst fahren, keinen sauteuren Alhambra-Parkplatz bezahlen und haben angeblich einen deutschen Reiseführer.
5:55 Uhr (!!), also quasi mitten in der Nacht geht es los. Der Bus ist sehr pünktlich, wir sind die ersten Gäste. Das ist zunächst ein Zubringerbus, auf den Weg nach Malaga sammelt er noch weitere Mitreisende an deren Hotels auf. Dann steigen wir um und los gehts nach Granada. Der deutsche Reiseführer entpuppt sich als ein vielsprachiges Talent, das unterwegs in reihum 4 Sprachen (englisch, französisch, deutsch, holländisch) etwas zur Geschichte und zur Region erzählt und nach Kräften versucht, die Reise zu managen und die Truppe zu betreuen. Insgesamt macht er das ganz gut, nur sein deutsch ist manchmal schwer verständlich (die Zahlen…) so dass wir im englischen und französischen Mithören. Geht schon, ist aber auf Dauer anstrengend.
Nach einer kleinen Stadtrundfahrt kommen wir dann auch an und bekommen vor Ort einen anderen Führer, der den deutsch- und französischen Teil der Reisegruppe durch die Alhambra führt (ein Spanier). Die Reiseführer gaben sich alle Mühe, aber an einer TUI-Reisegruppe (sicher eine Busreise aus Deutschland) bekamen wir am Rande mit, was mit einem sich auskennenden Muttersprachler noch so geht.
Da wir bisher alle maurischen Spuren mehr oder weniger verwüstet vorgefunden haben und wir zwiespältige Berichte von Vorbesuchern hatten, waren unsere Erwartungen an die Alhambra nicht sehr hoch. Tatsächlich war auch die Alhambra auch in der Zwischenzeit kräftig verwüstet und wird erst seit dem 19. Jh wieder restauriert. So findet man jetzt eine große Burganlage mit schönen Gärten. Von den Mauren selbst sind Teile der Burgarchitektur zu erkennen (typische zwiebelförmige Tore, rechteckige statt runde Türme, siehe Bilder) und im sogenannten Nasridenpalast kann man noch einen kleinen Teil der ursprünglichen Innengestaltung bewundern. Und der ist echt Klasse und gibt eine ungefähre Vorstellung von der ursprünglichen Hochkultur. Eine Kollegin meinte vor dem Urlaub, in der Alhambra gibt es viele schöne Fotomotive. Recht hat sie.
Die Alhambra ist also auf jeden Fall einen Besuch wert. Wer ohne Reiseunternehmen rein will, muss sich nur sehr rechtzeitig kümmern. Granada selbst hat uns auch sehr gut gefallen.
Die Sache mit der Busfahrt haben wir Individualtouristen auch überstanden. Das Reiseunternehmen hat sich sehr gut um seine Schafe gekümmert. Dennoch ist so ein geführter Besuch nicht so unser Ding. Man muss sich sehr dem Tempo des Führers und dem Zeitplan des Unternehmens anpassen. An vielen Stellen im Palast wäre ich gern ausführlicher umhergeschlichen und hätte mehr und langsamer fotografiert. Andererseits wartet man in der Gruppe an anderen Stellen oft aufeinander/auf den Bus usw., was sich sicher nicht vermeiden lässt. Auch wenn die Busfahrt sicher einfacher und für den angebotenen Service auch nicht zu teuer war, fahren wir das nächste mal lieber wieder auf eigene Faust los.