Lost places: Glaswerk Ilmenau, Teil 1: Übersicht

Lost places ist eine Kategorie in der Fotografie, bei der “vom Menschen verlassene Orte” fotografisch in Szene gesetzt werden. Dabei wird dokumentiert, was ist. Es wird nichts verändert oder arrangiert.

Mein fotografisches Projekt für 2019 ordnet sich hier ein. Neben meinem Büro ist das alte Glaswerk Ilmenau, auch TGI “Technisches Glas Ilmenau” genannt. Vor der Wende eines der modernsten Glaswerke in der ehemaligen DDR und von (für Ilmenauer Verhältnisse) gigantischer Größe und Ausdehnung. Die Treuhand zerschlug das Imperium und eine ganze Reihe Ilmenauer Firmen haben ihre Wurzeln im Glaswerk. Das Gelände wurde deutlich umgebaut und umstrukturiert und es haben sich auch viele artfremde Firmen hier angesiedelt. Quasi war das erste Gewerbegebiet Ilmenaus. Die Glasproduktion war aber zur Wendezeit technisch noch so modern aufgestellt, dass selbst die Treuhand diese nicht beerdigen konnte. Der Kern des TGI blieb also bestehen und produzierte im Umfang im Laufe der Zeit immer abnehmender weiter diverses technisches Glas, von der Kaffeemaschinenkanne über Laborgeräte bis zu Glasrohren. Vorvoriges Jahr war nun entgültig Schluß und als letzte verbliebene Strecke zog die Kapillarlinie (also die Fertigung von Glasthermometern) ins Reich der Hauptabnehmer zur Geratherm AG nach Geraberg.

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Ich dachte nun, eh, täglich siehst du diese Ruine, da muss fotografisch was zu holen sein. Also habe ich mich durchtelefoniert, mit den (entfernten) Eigentümern verhandelt und tatsächlich die Erlaubnis bekommen, dort einige Male hinein zu dürfen und zu fotografieren, sogar mit ausführlicher Führung (DANKE!!!).

Persönlich finde ich, bei diesem Projekt sind Aufnahmen entstanden, die optisch sicher nett, aber in ihrer Symbolik fast schon erschütternd sind. Aber das kommt in den Teilen zwei und drei.

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Hier möchte ich erstmal die Gebäude vorstellen, um die es geht. Im wesentlichen besteht das TGI nach der Aufspaltung durch die Treuhand aus dem Altbau (links im Bild) und den Neubau mit dem Gemengehaus (rechts). Zwischen den beiden Teilen führt eine öffentliche Ringstraße des Industriegebiets. Optisch auffällig und charakterisch ist die Transportbrücke vom Gemengehaus auf Seite des Neubaus über die Straße hin zum Altbau.

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Der Altbau wurde als erstes aufgegeben und steht schon einige Jahre unbenutzt herum (maximal teilweise als Lager bzw. Abstellhalle genutzt). Der Neubau war wie beschrieben bis vor kurzem noch Verwendung und etwas Betrieb ist immer noch. Auch lief zumindest beim ersten Fototermin das große Ausschlachten noch.

Trotz dass es nich nur noch um den Kern des ehemaligen TGI handelt, haben sowohl der Alt- als auch der Neubau riesige Dimensionen, die sich aus den Straßenansichten nicht so erahnen lassen.

Neben den hier beschriebenen Alt- und Neubau genannten Abschnitten gibt es noch ein nahezu neu aussehendes Verwaltungsgebäude, dass für die Lost-Places Fotografie bei weitem nicht interessant, also marode genug war.

Also, das hier ist nur die Vorstellung, um was es geht. Die schönen Sachen kommen in den folgenden Artikeln.

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2 Antworten zu Lost places: Glaswerk Ilmenau, Teil 1: Übersicht

  1. Stephan Nowak sagt:

    Hey,
    keine Ahnung gerade schwelge ich in Erinnerungen und musste an meine Zeit in den TGI zurückdenken. Ich hatte dort meine erste Ausbildung zum Industrieglasfertiger von 1999 bis 2002 absolviert und war dann noch ein Jahr als Maschinenfahrer dort tätig.
    Was auf den Fotos zu sehen, ist fast das selbe wie früher, sah fast genauso aus. Auf den Fotos halt nur etwas leerer, aufgeräumter, doch der Altbau war schon damals eine Bruchbude.
    Das war schon eine prägende Zeit in den TGI, die Menschen die da arbeiteten waren fast alle feine Menschen und ohne diese, hätte ich die Ausbildung wohl hingeschmießem. Viele kenne ich noch beim Namen und bei denen ich den Namen vergas, kenne ich aber noch die Gesichter, anders als bei Kollegen die ich nach den TGI kannte.
    Also sofern hier mal einer der TGI Ehemaligen ließt, viele Grüße an an Kai-Uwe, Marco, Stefan, mit denen ich im selben Ausbildungsjahr war und viele Grüße an Bernd, seine Schraubstock-Hand-Begrüßungen werde ich nie vergessen :o), Udo, Kristel, Marion, Renate, Detlef, Wolfgang, Steffen, Jörg und all die anderen. Letzteren zwei hatte ich immer ein Ohr abgekaut, weil ich so eine Schnatterschnauze war.
    So oft wie ich mich in meinen 4 Jahren in den TGI verbrannt und geschnitten hatte, soviel kam in den letzten 20 Jahren nicht zusammen, von Ruß und Schmiere fast jeden Tag schwarz gewesen…ich muss gerade darüber lachen.
    Und die Dummheiten, Zielscheiben aus Kartons bauen und Messer werfen üben…
    Ich hatte sogar mal einen 16er Imbus klein gekriegt, dasss Gesicht vom Schlosser, als ich ihm den zerbrochenen Imbuschlüssel zeigte, es gibt Mimik die zu sehen unbezahlbar ist, xd.
    Für mich war die Arbeit in den TGI sehr kräftezehrend, dass Schichtsystem hatte mir ziemlich zugesetzt, doch im nachhinein, war es der beste Betrieb den ich bisher kennenlernte. Ich hoffe das die Leute da nach der Pleite ihr auskommen gefunden haben.

    Viele Grüße
    Stephan

  2. Klaus Griebel sagt:

    Sehr geehrter Herr Schüler
    Ich habe nahezu mein gesamtes Berufsleben in diesem Unternehmen verbracht. Jedes dieser Bilder ist für mich mit Geschichte verbunden. Es ist für mich ein wahres Erlebnis, mich durch die Bilder zu bewegen und immer wieder ertappe ich mich dabei, zu vergessen, das es nun schon wieder ein paar Jahre her ist, das hier Menschen ihren Lebensunterhalt erwirtschaftet haben. Es ist, als wäre es gestern. Für Ihr Engagement zu dieser Bilderserie kann ich mich nur bedanken. Sollten Sie Fragen zu einzelnen Bildern haben, können wir gern mal zusammen kommen.
    MfG Klaus Griebel

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