Schadensanalyse am Antennenrotor Create RC5-3 (Teil 2)

Im ersten Teil habe ich die Antennenanlage analysiert, den Schaden beschrieben und meine Schlußfolgerungen dargelegt. Jetzt folgt der technisch spannende Teil 😉 die Bruchanalyse.

Ich bin zwar Ingenieur, habe aber mit der Mechanik und den Werkstoffwissenschaften nicht wirklich viel zu tun. Deshalb musste ich mich erstmal tüchtig einlesen. Die Materie ist auch durchaus schwierig und nur durch jahrelange Erfahrung in der Schadensanalyse sicher beherrschbar. Deshalb spreche ich nachfolgend vorsichtshalber von Indizien anstatt von festen Fakten. Aber auch wenn ich in einem Detail falsch liegen sollte, weißt eigentlich alles in die gleiche Richtung…

Ziel ist es hier, zu klären, ob der Bruch durch einen Exemplarfehler oder durch Überschreitung der konstruktiven Belastungsgrenze verursacht wurde. Außerdem wäre von Interesse, ob es ein Gewaltbruch (einmalige Überlastung) oder um einen Schwingungsbruch (Materialermüdung durch dauerhafte Wechselbelastung) ist. Kurzum, ich möchte die Ursache wissen, um geeignete Gegenmaßnahmen planen zu können.

Bruchstelle am Zahnrad

Bruchstelle am Zahnrad 


Also nun zur Sache. Das Bild zeigt die Bruchstelle. Man erkennt, dass zwei Zähne fehlen und bei genauerem Betrachten der unteren Bruchstellen auch sofort, dass beide Zähne seitenverkehrt herausgebrochen wurden. D.h. der Bruch erfolgte in jedem Fall vom Zwischenraum zwichen den beiden Zähnen aus. Oder noch anders ausgedrückt, der linke Zahn wurde nach links, der rechte Zahn nach rechts weggebrochen. Dies wäre erstmal typisch für einen Schwingungsbruch, da die Antenne bei Windböen gegen beide Zähne jeweils aus der anderen Richtung drücken würde.

Weiter sieht man, dass die Zähne eine kerbartige (dreieckig nach innen zeigende) Abrissfläche haben. Die Oberfläche der beiden Bruchflanken der Zähne wie auch des Zahnradstumpfs sind unterschiedlich. Die zueinander zeigende Seite der Kerbe bzw. des Dreiecks ist sehr rau und zerklüftet. Die abgewandte Seite ist dagegen glänzender, wie wenn die raue Oberfläche glattgeschliffen wurde und auch makroskopisch weniger strukturiert. Dies könnte daran liegen, dass eine unterschiedliche Zug- und Druckbelastung beim Bruch vorlag. Der kerbartige Abbruch und die glänzendere Oberfläche der äußeren Flächen deuten darauf hin, dass die Zähne einer Kippbelastung ausgesetzt waren.

Schwingungsbrüche (Ermüdungsbrüche) sind sehr oft durch makroskopische Rastlinien und/oder durch mikroskopisch sichtbare Schwingstreifen zu erkennen. Dies ist das wesentliche Erkennungsmerkmal eines Schwingungsbruchs und hier wird es diffizil. Die hier vorliegende Bruchoberfläche ist sehr rau und zerklüftet. Mit dem Lichtmikroskop konnte ich nichts erkennen, da die Schärfentiefe nicht ausreicht (deshalb verwendet man für solche Untersuchungen auch normalerweise Rasterelektronenmikroskope). Weder auf den Zähnen noch auf der Bruchfläche des Zahnrades konnte ich eine linienartige Struktur finden, die sich als Rastlinie hätte deuten lassen. Es gibt zwar deutlich sichtbare Lunker im Material, aber es ist auch nicht zu erkennen, dass der Bruch von einer spezifischen Stelle ausgegangen ist.

Am restlichen Zahnrad habe ich außer Abrieb keinerlei Verschleiß bzw. irgendwelche Anbrüche finden können.

Bei den Bruchflächen beider Zähne kann man ein nahezu identisches Schadensbild aufnehmen. Auf jeden Fall kann man so nicht von einem durch einen Materialfehler begründeten Stabilitätsverlust ausgehen. Der hätte in beiden Zähnen ja in gleicher Weise vorhanden sein müssen.

Man kann also schlussfolgern, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Gewaltbruch durch Überschreiten der konstruktiven Belastbarkeitsgrenze handelt. Wenn sich die Antennenkonstruktion nicht ändert, wird dieser bei gleichen Witterungsbedingungen wieder auftreten.

Abgebrochener Zahn Obwohl dies dem ersten Anschein nach äußerst wahrscheinlich schien (symmetrischer Ausbruch zweier Zähne bei lange nicht bewegtem Getriebe und dauerhafter Belastung durch wechselnder Windlast) liegt wohl doch kein Ermüdungsbruch durch dauerhafte Wechselbelastung vor. Eigentlich ist das eine gute Nachricht. Weder ist die Qualität des Getriebes schuld, noch ist es konstruktiv der zwangsläufig auftretenden Dauerbelastung durch Windwechsel nicht gewachsen.

Vorbeugemaßnahmen müssen sich daher darauf konzentrieren, die Maximalbelastung abzufangen. Bleibt die Rotor-Antennen-Konfiguration so, muss sichergestellt werden, dass bei Eisbelag der Rotor zusätzlich entlastet wird.

Betrachtungen zum Aufbau und zum Zusammenbau des Rotors

Für alle, die ein gleiches Modell besitzen und dem Drang (oder der Notwendigkeit 😉 ) nachgeben, den Rotor aufzuschrauben, folgen hier noch ein paar Betrachtungen zum inneren Aufbau.

Das Zerlegen geht recht einfach. Einfach die Schrauben alle lösen, die die beiden Halbschalen zusammenhalten und dann die Schalen vorsichtig auseinanderhebeln (kleben etwas vom Dichtmittel und dem Silikongummiring).

Oberschale des Rotors

Oberschale des Rotors 

In der Oberschale haben wir nur ein Zahnrad, dass aber einen zusätzlichen kleinen Zahnkranz für das Richtungspotentiometer trägt (dazu später).

Unterteil des Rotors mit neuem Zahnrad

Unterteil des Rotors mit neuem Zahnrad 

In der Unterschale steckt der ganze Rest. Der Motor ist über ein Gelenk entkoppelt. Das Laufgeräusch beim Drehen kommt übrigends mehrheitlich von diesem Gelenk. Der Schneckentrieb ist neben dem Motor mit einem Abdeckblech gekapselt untergebracht und voller Fett (deswegen vermutlich gekapselt).

Beachtung sollte die Baugruppe mit dem schwarzen Plastezahnrad finden. Darunter verbirgt sich das Potentiometer zur Richtungsanzeige. Ich habe vergeblich versucht, das Plastezahnrad zu demontieren (ist im Weg, wenn man das hier defekte große Aluzahnrad herausbauen möchte). Es ist einfacher, die gesamte Baugruppe abzuschrauben. Die Dimensionierung des Potentiometerantriebs wurde (leider) so gemacht, dass die 360° Drehbereich das Potentiometer nahezu vollständig durchdrehen. Das spart zwar einen Stellregler an der Anzeigeeinheit, erfordert aber geschicktes Zusammensetzen des Rotors.

Weiter sieht man noch ein nach oben stehendes Federblech. Das ist der Endlagenschalter, der durch eine Nase am großen Zahnrad der Oberschale gedrückt wird. Das Blech ist recht biegbar und ein durchdrehender Motor würde hier keinen Schaden anrichten. Dennoch, ich habe beruflich schon viel mit Robotik zu tun, aber so eine unsichere Endlagenschalterlösung habe ich noch nicht ansatzweise gesehen.

War die Demontage sehr einfach, birgt aber der Zusammenbau wie so oft ein paar Hindernisse:

  • Man muss vor dem Zusammensetzen alles so drehen, dass es stimmig zueinander ist. Das betrifft die Endlagenschalternase am Zahnrad in der Oberschale und das Richtungspotentiometer. Also, zur Montage das Potentiometer auf 0° (auf dem dazu angeschlossenen Bedienteil) drehen und das obere Zahnrad so, dass sich die Nase in “Mittelstellung” gegenüber des Endlagenschalterhebels befindet. Das erfordert aber Augenmaß und eventuell mindestens einen zweiten Anlauf.
  • Das Plastezahnrad des Richtungs-Potentiometers drückt normalerweise mit etwas Spannung gegen das Gegenstück am Zahnrad in der Oberschale. Das führt dazu, dass dieses Plasterad beim Aufsetzen der Oberschale schlicht im Weg ist. Mein OV-Freund Hans, DL1ANM, hat hier eine einfache Lösung gefunden: Man zieht mit einer dünnen Drahtschlinge die Potentiometerbaugruppe ein paar mm nach außen (gelber Pfeil im Bild), kann dann die Oberschale (mit ausgerichtetem Zahnrad) aufsetzen und dann die Drahtschlinge loslassen und den Draht herausziehen.

Hat man die Oberschale erfolgreich aufgesetzt, probiert man zunächst, ob die Endlagen bei jeweils kurz nach 180° ansprechen und natürlich, ob sich die Richtungsanzeige gut mit bewegt. Ist alles OK, kann man die Sache wieder zuschrauben.

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Eine Antwort zu Schadensanalyse am Antennenrotor Create RC5-3 (Teil 2)

  1. Habe die Ausführungen mit Interesse geslesen. Habe selbst einen RC5-A schon seit Jahren unter Dach in Betrieb, der einen FB33, eine 7ele 2m-Flexa und eine X30 dreht. Um die Kräfte beim “Anecken” der Antennen zu mindern, wurde der Rotor über (im Karosseriebau übliche) Gummipuffer mit beidseitig einvulkanisierten Gewindebolzen auf eine Alu-Platte montiert und damit dann im Gebälk befestigt.
    Günter, DL9BCP

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